Sun And Sail Club
The Great White Dope
Text: Martin Iordanidis
Das hatte sich Punkrock-Urvater Tony Adolescent auf “Mannequin” fein ausgedacht, stand das Stoner-Genre doch schon da unter dem Generalverdacht der Stagnation und Eintönigkeit. Was sonst nur Cher und Daft Punk dürfen, fand plötzlich Einzug in ein chaotisches Rockalbum. Der spacige Vocoder-Gesang auf dem Debüt des Sun & Sail Club hat dabei genauso viele Leute begeistert wie verstört, und ganz ohne Talkbox aus der Dose kommt auch “The Great White Dope” nicht aus. Hier bleibt es aber bei einem augenzwinkernden Gimmick in “Full Tilt Panic” und “Cypherpunk Roulette”. Im Vordergrund steht auf dem zweiten Album zähnefletschender Stoner Thrash, der eher den ersten Sex zwischen Metal und Hardcore im Sinn hat, als die dreihundertste Ode an blubbernde Bongs. Das spiegelt sich vor allem im Tempo wider: “Alien Rant Facory” hat mit dem Proto-Thrash der frühen Slayer mehr gemeinsam, als mit einschläfernden Kyuss-Klonen. Auch “Inside Traitor Outside View” fährt den bekifften Standards des Doom und Sludge Metal mit stinkenden Reifen davon. Welche Drogen mit “The Great White Dope” gemeint sein können, hört man auch den verschlungene Rhythmen in “Krokodil Dental Plan” an; die gehen ganz unvermittelt in Breakdowns über, wann immer es ihnen passt. Herrlich politisch unkorrekt betritt auch “Dresden Fireball Freakout Flight” die kriegsvernarrte Geisterbahn des Metal. Vor allem das Strophenriff erinnert daran, zu welchem kruden RocknMetal-Mix Motörhead in ihren Bomber gestiegen sind. Im Auftakt von “Baba Yaga Bastard Patrol” glänzt Tony Adolescent mit seinem Alter Ego als Punk-Poet, was überhaupt nicht in Konkurrenz zu den zehn grenzdebilen Songtiteln steht. “Migraine With A Chainsaw Reduction” ist ein verhaltensauffälliger, eine Minute langer Wahnsinnsanfall mit jeder Menge Text, der mit seinen gepressten Zeilen nahe am Hardcore wohnt. Wenn daraus scheinbar zusammenhangslos ein Sludge-Riff wird, fühlt man sich an die ähnlich schrägen Country-Verarschungen von Everytime I Die erinnert. All das ist auch noch in einem astreinen Live-Sound produziert, auf dem Scott Reeders mit seinem knarzenden Bass-Sound ein fettes Markenzeichen hinterlässt. Für soviel Punkrock-Präsenz im Soundgewand des Wüstenrock muss man nicht mehr länger “Green Machine” oder “You Think I Aint Worth A Dollar, But I Feel Like A Millionaire” ausgraben.
weitere Platten
Shipwrecked
VÖ: 18.10.2024
Mannequin
VÖ: 19.11.2013